No. 2


 

Der Grundsatz der Datensicherheit

Dieser Grundsatz besagt, dass der Dateninhaber den Datenschutz durch
genügende Sicherheitsmassnahmen zu gewährleisten hat.

Wir sahen uns veranlasst, Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im ZAR
zu verlangen, da es einer Angestellten der Zürcher Fremdenpolizeibehörde
gelang, über eine gewisse Zeit hinweg, Ausweise zu fälschen und diese
Ausländern für ihren Aufenthalt in der Schweiz zur Verfügung zu stellen.

Wir haben daher verlangt, dass das BFA (Bundesamt für Ausländerfragen) und
das Rechenzentrum des EJPD eine Risikoanalyse samt Sicherheitsbericht über
das ZAR erstellt.

Bei der EDSK haben wir zudem vorsorgliche Massnahmen zur Verbesserung der
Sicherheit im ZAR beantragt. Diese Massnahmen sind in der Zwischenzeit
realisiert worden.

Im Zeitalter der globalen Datennetze, muss sich jeder vor widerrechtlichen
Datenbearbeitungen schützen können.

Deshalb sprechen wir uns in diesem Tätigkeitsbericht klar für die
Verschlüsselungstechnik (Kryptographie) aus. Sie bietet den effektivsten und
kostengünstigsten Weg, uns die Datensicherheit zu gewährleisten und um die
Privatsphäre zu schützen.

Gegenwärtig findet eine weltweite kontrovers geführte Diskussion über die
Kryptographie statt. Es sind Bestrebungen im Gange, den Gebrauch der
Kryptographie zu reglementieren und den Zugriff von staatlichen Behörden auf
die Schlüssel zu ermöglichen.

Die Reglementierungen (z.B. Gebrauch von schwacher Verschlüsselung und
Schlüsselzugriffsysteme) würden aber einerseits den Gebrauch der
Kryptographie beeinträchtigen, anderseits niemand völlig hindern, Daten zu
verschlüsseln.

Es ist auch nicht möglich, Straftäter, die Verschlüsselungen verwenden,
durch eine Reglementierung oder Schlüsselhinterlegung zu kontrollieren. Mit
steganographischen Methoden (Daten werden in anderen Daten, z.B. in Bildern
oder Tondateien verborgen) ist beispielsweise ein Informationsaustausch
nicht mehr nachweisbar.

Kriminelle, die mit der Reglementierung anvisiert sind, werden
Verschlüsselungstechniken verwenden, die nicht kontrollierbar sind.

Wir sprechen uns gegen eine Reglementierung oder Beschränkung der
Kryptographie aus, weil sie für die Bekämpfung der organisierten
Kriminalität ungeeignet ist und den Schutz von Personendaten, des Berufs-
oder Geschäftsgeheimnisses, unnötig gefährdet.

Die beste Massnahme, um Daten zu sichern, ist die Verschlüsselung.

Die Forderung geht daher in die Richtung, dass zur Sicherstellung jedem
Teilnehmer elektronischer Kommunikationsdienste ermöglicht werden muss,
seine Nachrichten zu verschlüsseln.

 

Zweiter Teil: Swisscom AG ­ Untersuchung (NATEL)

Am 30.12.1997 haben wir im Zusammenhang mit den Vorwürfen, - die am
28.12.1997 gegenüber der Swisscom AG erhoben worden sind, eine Untersuchung
eingeleitet.

Wir haben die Schlussfolgerungen in 7 Punkten zusammengefasst. Sie liegen
schriftlich vor. Ich möchte sie wie folgt kommentieren:

RECHTMAESSIGKEIT DER DATENBEARBEITUNG BEI DER SWISSCOM AG

Vorerst stellte sich die Frage, ob die Datenbearbeitung bei der Swisscom AG
rechtmässig sei.

Unsere Erhebungen ergeben, dass die Swisscom AG folgende Daten bearbeitet :

Bewegungsdaten

Sie werden kurzzeitig benötigt, um die Verbindungen herzustellen. 

Das System muss den jeweiligen Standort des Teilnehmers erkennen können.

Die Behauptung, dass die Swisscom AG im Minutentakt die Standorte aller
eingeschalteten Mobiltelefone erfasst und registriert, können wir nicht
bestätigen. Es liegen keine Hinweise vor.

Hingegen hat die Swisscom AG die Möglichkeit, jederzeit jedes eingeschaltete
Mobiltelefon bis auf die sogenannte "Location Area (LA)" zu lokalisieren.
Diese Daten können bis zu einer Woche gespeichert sein.
 

Betriebsdaten

Zu den Betriebsdaten gehören Taxdaten, Abonnementsdaten, Vertragsdaten,
Kundendaten, also eine ganze Menge von Daten.

Beim Natel werden abgehende, wie auch eingehende Rufnummern registriert.
Soweit der Anruf für den Angerufenen kostenlos ist, ist das eingehende
Telefonat für die Taxierung irrelevant und daher an sich nicht nötig. 

Auch die Zellenstandorte sind solange nicht relevant, als keine
distanzabhängigen Tarife verlangt werden (wie dies im Natelverkehr der Fall
ist). Gerade gestützt auf diese Daten kann ein detailliertes Bewegungsprofil
entstehen. Zur Registrierung dieser Daten stützt sich die Swisscom AG auf
Art. 44 und Art. 45 Abs. 2 FMG.

Technische Überprüfungen und Auskünfte über missbräuchlich hergestellte
Verbindungen, vor allem aber auch Auskünfte an Behörden, sind nur aufgrund
solcher Daten möglich.

Unsere Untersuchung hat keine Anhaltspunkte ergeben, wonach die Swisscom AG
im Zusammenhang mit dem Natel-Netz andere Daten erhebt, ausser solchen, die
für die Rechnungstellung oder den Verbindungsaufbau benötigt werden.

Die gleiche Aussage kann jedoch nicht in bezug auf die Aufbewahrungsfristen
gemacht werden.
 

AUFBEWAHRUNGSDAUER VON TELEKOMMUNIKATIONSDATEN

Art. 50 FDV Abs.1, Satz 1 sieht vor, dass die Anbieter von
Telekommunikationsdiensten Kundendaten nur solange aufbewahren dürfen, als
diese für die Herstellung der Verbindung und für die Bezahlung der
erbrachten Leistungen erforderlich sind.

Satz 2 desselben Artikels legt fest, dass die Daten auf jeden Fall sechs
Monate zuhanden der zuständigen Behörden aufzubewahren sind.

Nun genügen für die Herstellung der Verbindung und für die Bezahlung der
Telekommunikationsleistungen in der Regel Aufbewahrungsdauern von drei
Monaten, auf alle Fälle von weniger als sechs Monaten.

Wir sind der Ansicht, dass daher die Daten in keinem Fall länger als sechs
Monate aufzubewahren sind.

Taxdaten des Billingsystems werden selbstverständlich auch gespeichert.
Teilweise sind sie allerdings massiv älter als sechs Monate.

Die Swisscom AG hat sich diesbezüglich an die 6-Monate-Frist zu halten.
 

UEBERWACHUNG DES FERNMELDEVERKEHRS

Unsere Abklärungen bezogen sich sodann auf die Überwachung des
Fernmeldeverkehrs, da behauptet wurde, dass die Polizei über einen direkten
Draht zur Swisscom AG verfüge und ohne richterlichen Befehl Daten abrufen könne.

Darf ich Sie daran erinnern, dass Überwachungen des Fernmeldeverkehrs nur in
gerichtspolizeilichen Verfahren zulässig sind (Strafverfolgungen wegen
Verbrechen oder Vorgehen), nicht jedoch in präventivpolizeilichen Verfahren.

Seit dem 1.1.1998 ist mit der Kontrolle der Telefonüberwachung der Dienst
für besondere Aufgaben zuständig. Dieser Dienst überprüft nur, ob die
formellen Voraussetzungen für eine Überwachung erfüllt sind.

Der Dienst hat die Möglichkeit, mittels "Monitoring" Natel-Gespräche
abzuhören und dabei den jeweiligen Zellenstandort zu ermitteln.

Mit dem sogenannten "Monitoring" können Gesprächsinhalte der Natel-Verkehrs
und die genauen Zellenstandorte überwacht werden.

Die Swisscom AG ist verpflichtet worden, die Abhörbarkeit des Natel-Netzes
zu gewährleisten.

Gemäss dem Leiter des Dienstes für besondere Aufgaben werden aber immer
häufiger Direktschaltungen zu Polizeibehörden verlangt und realisiert. Viele
Kantonspolizeien seien heute dafür ausgerüstet.

Auch die Bundespolizei hat in dringlichen Fällen die Möglichkeit von
Direktschaltungen für Telefonabhörungen.

Aufgrund der Untersuchung konnten wir nicht abklären, ob die gesetzlichen
Bestimmungen über die Telefonüberwachung (Art. 66 der BStPO und VO zur
Überwachung Fernmeldeverkehrs) befolgt werden.

Gerade was die Kantone anbelangt, verfügen wir über nicht abgesicherte
Informationen, wonach Überwachungen durch Polizeiorgane direkt ohne
richterliche Bewilligung mit der Keyword-Methode durchgeführt werden.

Um diesen Vorwürfen gegenüber kantonalen Behörden und Kantonspolizeien
nachgehen zu können, sind wir auf die Zusammenarbeit der zuständigen
kantonalen Datenschutzbeauftragten angewiesen.

Für diesen Punkt werden wir weitere Abklärungen einleiten.


AUSKUNFTSRECHT

Auf Schwierigkeiten stiessen Natel-Benutzer auch bei der Ausübung des
Auskunftsrechtes.

Das Auskunftsrecht ist ein wichtiges Fundament des Datenschutzes. Nur so ist
es möglich, dass die betroffene Person weiss, wo, wann, was über sie
registriert ist. Nur so kann die betroffene Person die Berichtigung falscher
Daten durchsetzen.

Das DSG sieht vor, wann das Auskunftsrecht eingeschränkt, aufgeschoben,
verweigert werden kann (Art. 9 DSG).

Die Swisscom AG hat nun, gestützt auf eine Notiz des EJPD vom 30.12.1997,
die Einsichtsgesuche in die Datensammlung Natel (Standortdaten) abgewiesen.

Art. 45 FMG und Art 50 FDV können aber nicht zur Einschränkung des
Auskunftsrechtes herangezogen werden.

Art. 45 FMG regelt nur die Auskunft der für die Rechnungstellung verwendeten
Daten und beschränkt das Auskunftsrecht bezüglich weitere Daten keineswegs.

Art. 50 FDV kann dazu ebenfalls nicht dienen. Weil dieser Artikel nur die
Bekanntgabe der Daten für die Rechnungsstellung regelt.

Benutzer von Natel-Diensten können daher von der Swisscom AG Auskunft über
alle Daten verlangen, die über sie bearbeitet werden.

Sollte sich die Swisscom AG weiterhin weigern, das Auskunftsrecht gemäss
Art. 8 DSG zu gewähren, werden wir eine Empfehlung erlassen.


REGISTRIERUNG VON NATEL-EASY

Im Mitberichtsverfahren ist in die FDV (Verordnung über Fernmeldedienste)
Art. 49 eingefügt worden. Er verlangt, dass die Anbieter von
Fernmeldediensten die Teilnehmer bei der Aufnahme von Kundenbeziehungen zu
identifizieren haben.

Aufgrund dieser Bestimmung verlangt die Bundesanwaltschaft die Registrierung
der Natel-easy-Benutzer. Das Mobiltelefon Natel-easy erlaubt es ohne
Abonnementsvertrag, mit vorausbezahlten Wertkarten zu telefonieren. 

Die erste Voraussetzung von Art. 49 FDV, dass bei Aufnahme der
Kundenbeziehung der Teilnehmer zu identifizieren sei, ist nicht erfüllt, da
keine Kundenbeziehung mit Swisscom entsteht.

Zudem spricht Art. 49 FDV nur von Identifikation des Teilnehmers und nicht
von Registrierung. Also geht man bei der Interpretation sowieso über den
Verordnungstext hinaus.

Auch materiell ist es äusserst zweifelhaft, dass mit einer Registrierung des
Erstkäufers die Ermittlung von Straftätern auch nur ansatzweise erreicht
werden kann.

Es ist naiv zu glauben, ein potentieller Straftäter werde ein registriertes
Natel-Gerät oder Karte benutzen.

Zudem dürfte das Rückverfolgen eines Gerätes oder einer Karte auf den
momentanen Benutzer in vielen Fällen ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Die Gefahr, dass Kriminelle Telekommunikationseinrichtungen für illegale
Zwecke missbrauchen, wäre zudem keineswegs gebannt. Nach wie vor gibt es die
Möglichkeit, Telefonkabinen, ausländische SIM-Karten oder Call-Back-Dienste
zu benutzen. 

Die Swisscom AG, die auf dem Sektor Natel-easy innovativ ist und eine
Pionierleistung erbracht hat, weigert sich daher zu Recht, eine
Registrierung vorzunehmen, die formell durch den Verordnungstext nicht
abgedeckt ist und auch materiell nichts bringt.


MELDEPFLICHT

Der EDSB muss auch erneut darauf hinweisen, dass die Datensammlung Natel
beim EDSB hätte angemeldet werden müssen.

Einzig für jene Datensammlungen, die von der Reorganisation PTT berührt
werden, ist die Frist verlängert worden.

Die Datensammlung Natel war davon nicht betroffen.

Wir haben nun sowohl die Swisscom AG, als auch die Billag AG und das BAKOM
aufgefordert, ihre Datensammlungen bis spätestens 30.9.1998 anzumelden.
 

ZUSAMMENARBEIT MIT DEM EDSB

Die Untersuchung hat zudem aufgezeigt, dass im Mitberichtsverfahren zwei
Bestimmungen aufgenommen wurden, die trotz datenschutzrechtlicher Relevanz
dem EDSB nicht unterbreitet worden sind.

In Art. 49 FDV wurde die Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter
aufgenommen, ihre Kunden zu identifizieren und in Art. 50 FDV die
Bestimmung, dass Telekommunikationsdaten von den Anbietern auf jeden Fall 6
Monate zur Verfügung der zuständigen Behörden gehalten werden müssen.

Das Vorgehen des EJPD bei der Einführung dieser Bestimmungen widerspricht
nicht nur dem Datenschutzgesetz (Art. 30 DSG) sondern auch dem Verfahren,
wie es schon 1995 mit einer Delegation des Bundesrates und dem EDSB
festgelegt worden ist.

Zudem litt die Untersuchung an mangelnder Zusammenarbeit des GS-EJPD.

Auskünfte über das Vorgehen im Mitberichtsverfahren wurden beispielsweise
mit Berufung auf das Amtsgeheimnis verweigert. Obwohl die Verwaltung dem
EDSB gegenüber sich nicht auf das Amtsgeheimnis berufen kann. (Botschaft zum
DSG 1988 II 478)

Ein ähnliches Verhalten war auch von seiten anderer Mitarbeiter des EJPD und
des UVEK festzustellen.

Auch die Abklärungskompetenzen des EDSB wurden in Frage gestellt.

Es ist aber darauf hinzuweisen, dass Art. 27 Abs. 3 DSG dem EDSB das Recht
erteilt, Auskünfte einzuholen (es besteht sogar eine Mitwirkungspflicht),
und dass somit Untersuchungen nicht mit vagen Hinweisen auf mangelnde
Abklärungskompetenzen oder Berufung auf das Amtsgeheimnis behindert werden
dürfen.